Nachlass mit Sprengkraft

Eine Leica?
Eine Leica?

Das Kunstmuseum Albstadt beherbergt den Nachlass des Malers und Radierers Felix Hollenberg (1868 – 1945). Zwischen Gemälden, Radierungen, Notizbüchern und Kupferplatten fand sich auch eine unscheinbare, rötlich-braune Schachtel, auf der in ehemals goldenen Buchstaben der Schriftzug „Leica“ prangte. In solchen Schachteln wurde ab 1925 die Leica I verkauft. Schlummerte hier ein Schätzchen für Photographica Sammler?

Ein kleiner Aufkleber deutete schon an, dass die Schachtel umgewidmet worden war, und jetzt die „Negative FH“ beherbergte. Tatsächlich enthielt die Schachtel 22 Kleinbild-Filme mit etwa 800 Schwarzweißnegativen.

Blick von oben auf die Kleinbildfilme in der Leica Schachtel: 22 Filme in 15 Fächern
Blick von oben auf die Kleinbildfilme in der Leica Schachtel: 22 Filme in 15 Fächern

Auf den Filmzungen waren die Filme, wahrscheinlich von Hollenberg selbst, mit fortlaufenden Nummern und Jahreszahlen beschriftet worden. Danach sind die Aufnahmen zwischen 1928 und 1943 entstanden.

Kleinbildfilme aus dieser Zeit verwenden eine Trägerschicht aus Nitrozellulose, auch bekannt als Nitratfilm oder Zelluloid, einer chemischen Verwandten der Schießbaumwolle. Dieses Material neigt dazu, sich über die Jahre hinweg chemisch zu verändern und kann sich selbst entzünden und ohne die Zufuhr von Luftsauerstoff brennen. Es fällt heute unter das Sprengstoffgesetz.

Um das Bildmaterial für die Ausstellung zugänglich zu machen, und für den Fall einer Zerstörung möglichst rasch und kostengünstig zu schützen, habe ich die 800 Negative innerhalb weniger Tage digital abfotografiert.

Flugzeug vor Wolkenhimmel - Kleinbildnegativ von Felix Hollenberg
Flugzeug vor Wolkenhimmel - Kleinbildnegativ von Felix Hollenberg

Mit dem Umkehren der Gradationskurve in Lightroom entstehen aus den Negativen Positivbilder, die sich mit den üblichen Mitteln nachbearbeiten lassen.

Landschaft bei Gomadingen, mit Flugzeug vor Wolkenhimmel - Aufnahme von Felix Hollenberg, August 1939
Landschaft bei Gomadingen, mit Flugzeug vor Wolkenhimmel - Aufnahme von Felix Hollenberg, August 1939

Die Aufnahmen zeigen das Korn des Kleinbildfilms. Möglicherweise lässt sich das Korn noch schärfer abbilden; die Menge sichtbarer Bildinformationen steigt dadurch aber nicht.

Flugzeug - Ausschnitt aus der Aufnahme Hollenbergs
Flugzeug - Ausschnitt aus der Aufnahme Hollenbergs

Wenn Sie über fotografische Filme, insbesondere Kleinbildfilme, aus den 1920 bis 1950er Jahren verfügen, kann es sich um Nitratfilme handeln. Diese Filme zersetzen sich unter ungünstigen Bedingungen innerhalb weniger Jahre, geben dabei korrosive Gase ab und können schwere Brände und Explosionen auslösen. Bildmaterial auf Nitratfilm muss auf Sicherheitsfilm umkopiert oder digitalisiert und speziell gelagert oder vernichtet werden. Bei der Digitalisierung bin ich ihnen gern behilflich.

Literatur: