Das geht mit dem Handy, oder?

Neulich, im Louvre...
Neulich, im Louvre...

Brauchbare Reproduktionen mit dem Smartphone – geht das überhaupt?

Zunächst einmal hängt viel davon ab, wofür Sie die Abbildung verwenden wollen. Als Gedächtnisstütze, für den #auch-ich-war-im-Louvre Instagram-post oder als Beleg für die Hausratsversicherung („hier hing unser Jackson Pollock!“) kann die Abbildung aus dem Telefon funktionieren. Aber was ist mit dem Flyer für die Ausstellung, der Postkarte oder dem Plakat?

Auflösung und Bildqualität der Telefonkameras reichen meist weiter als erwartet. Auch mit einer älteren 12 Megapixel Kamera sind 20 x 30cm Drucke möglich.

Auch Reproduktionen sind technisch durchaus möglich. Aber wie geht das jetzt, wenn Sie Reproduktionen brauchen und nur ihr Telefon dabei haben? Denken Sie an die wichtigsten Arbeitschritte für eine ordentliche Bild-Reproduktion. Sie müssen

Smartphone ausrichten

Das gelingt ohne Stativ nur selten. Sie werden die Bilder im Computer digital entzerren müssen. Damit verlieren Sie Auflösung und Schärfe, weil die Software an manchen Stellen Bildpunkte erfinden muss. Lassen Sie genug freien Raum um die Vorlage, denn bei der Entzerrung werden die Ränder beschnitten.

Achten Sie immer darauf, eine zuverlässige Referenz zu haben. Moderne Bilderrahmen und Passepartouts sind meist wirklich rechtwinklig. Papierbögen, Druckplatten oder Keilrahmen können rechtwinklig sein… Schneidunterlagen haben oft ein Raster aufgedruckt.

Vorlage beleuchten

Den im Smartphone eingebauten Blitz schalten Sie ab. Selbst wenn er keine Reflexe verursacht, ist die Farbqualität zweifelhaft. Sie müssen mit dem Raumlicht arbeiten. Wenn draußen ein bedeckter Himmel gleichmäßiges, neutrales Licht verspricht, nutzen Sie es. Es wird sehr schwierig sein, wirklich gleichmäßiges Licht zu finden. Meiden sie Spot-Scheinwerfer. Achten Sie auf verlässliche Referenzen – hat das Bild ein ausreichend breites, gut erhaltenes Passepartout? Hängt es vor einer gleichmäßig gestrichenen Wand? Dann können Sie anhand der Ränder schon beurteilen, wie das Licht im Bild verteilt ist.

Wenn störende Reflexe bleiben, kommen Sie mit dem Smartphone nicht wirklich weiter, denn Polfilter lassen sich nicht montieren.

Farb- und Helligkeitsreferenz

Sie haben wirklich nur das Telefon dabei? Nicht noch einen Colorchecker Passport irgendwo zwischen Terminkalender und Notizblock? Dann müssen sie kreativ werden. Schauen Sie nach geeigneten Büchern oder Papieren. Versuchen Sie, eine möglichst neutral-weiße Fläche im Bild unterzubringen. Weiße Passepartouts und weiße Rahmen sind oft leicht warm getönt. Wenn Sie ein weißes Papier verwenden dürfen Sie nicht zu stark belichten – das Papier darf im Bild nicht ganz weiß erscheinen, nur sehr hellgrau. Dann können Sie es bei der Nachbearbeitung für den Weißabgleich verwenden, müssen aber daran denken die Belichtung in der Nachbearbeitung wieder anzuheben.

Studieren Sie die Optionen ihrer Handykamera. Wenn die Kamera einen „RAW“-Modus hat, verwenden sie Ihn. Dann können sie die Farbbalance in der Nachbearbeitung am besten anpassen.

Auslösen

Sie haben in der Kamera-App das beste Objektiv ausgewählt (meiden Sie die Selfie-Kamera und das Ultra-Weitwinkel!), möglichst alle Automatiken und pimp-my-image Filter abgeschaltet und die Kamera an die richtige Stelle manövriert und, wenn nötig, scharf gestellt. Jetzt brauchen Sie eine ruhige Hand! Es ist schwierig, das Auslöser-Symbol auf dem touchscreen mit gerade so viel Druck zu berühren, dass die Kamera auslöst, ohne das ganze Bild zu verwackeln. Machen Sie es wie beim Röntgen. Ausatmen; jetzt nicht mehr atmen bitte… klick… kurz warten… und weiteratmen bitte. Denken Sie an die kleine Pause nach dem Klick! Machen Sie in aller Ruhe mehrere Aufnahmen, dann ist sicher eine unverwackelte dabei. Prüfen Sie die Aufnahmen in der Kamera. Achten Sie darauf, ob sie wirklich ein Foto gemacht haben, oder aus Versehen ein Video.

Kontrolle und Nachbearbeitung

Wenn irgend möglich sollten Sie die Bilder auf Ihren Computer übertragen und in die Bildverarbeitung Ihrer Wahl importieren. Erst auf dem Computermonitor sehen Sie die Bildfehler und können Sie Farbfehler und Verzerrungen korrigieren.

Also, geht doch!

Ja, auch wenn Sie nur ein Smartphone dabei haben, können Sie Reproduktionen anfertigen, die für das Internet oder kleinere Drucksachen ausreichend sind.

Aber eigentlich brauchen Sie die Farbreferenz.

Und sie sollten ein Stativ mitnehmen.

Und Filter verwenden können.

Und das Licht kontrollieren.

Und die Aufnahmen vor Ort am Computer überprüfen.

Erst dann erhalten Sie eine zuverlässige Reproduktion, und sind möglicherweise schneller.

Oder nutzen Ihr Telefon für einen Anruf bei mir und überlassen die Reproduktionsfotografie dem Experten.